Ist Protein wirklich gesund?

Wer sich mit Ernährung auseinandersetzt, weiß: Protein ist der Champion-Nährstoff. Gut fürs Immunsystem, kann nicht dick machen… doch immer wieder erschüttern neue Studien den Glauben an das ach-so-gesunde Eiweiß.

Was hat es damit auf sich? Ist Protein gesund oder vielleicht doch ein unerkannter Killer?

Lasst es uns aufklären.

Protein gesund oder ungesund

1. Protein schädigt die Nieren

Selbst Ärzte warnen davor immer wieder.

Selbst? Bitte vergiss nicht, dass Ärzte im Studium fast nichts über Ernährung, geschweige denn Biochemie oder Gesundheit lernen. Da geht es in erster Linie um Krankheiten.

Fakt ist: Ein hoher Proteinkonsum kann die Nieren vergrößern.

Was bedeutet das?

Eine aktuelle Studie (Kantarci 2023) ging dem genauer nach. Es wurden die Nieren von Bodybuildern untersucht, die täglich 300-400 g Protein konsumierten. Das Ergebnis? Die Nieren waren größer, kräftiger und erzeugten eine höhere Echogenität im Ultraschall. Zudem wiesen sie auch einige Marker auf, die auch bei nierenkranken Menschen auftreten.

Jedoch zeigten sich parallel auch deutlich erhöhte Filterleistungen. Ergo: Bessere Nierenfunktion.

Unterm Strich also keine kranken Nieren, sondern leistungsfähigere.
Es würde auch niemand auf die Idee kommen zu sagen, ein Bizeps sei krank, weil er etwas größer ist und mehr Gewicht bewegen kann. Viele Ärzte sind mit solchen Fakten allerdings überfordert.

Macht Protein Nierensteine

2. Protein macht Nierensteine

Die DGE steht auf Grund ihrer weltfremden und wissenschaftsabstinenten Äußerungen bei gebildeten Menschen selten hoch im Kurs.

Nun zeigte aber ausgerechnet eine Studie (Remer et al. 2023) unter ihrer Federführung das Gegenteil von etwas, wovor lange gewarnt wurde:

Für keines der Ergebnisse wurde der Nachweis erbracht, dass eine proteinreiche Ernährung spezifisch Nierensteine oder -erkrankungen auslöst.

Nierenveränderungen, so heißt es weiter, seien keine pathologischen Befunde, sondern physiologische Anpassungen.

Gut zu wissen, oder?

3. Protein verkalkt die Arterien

Jetzt aber: „Das hat doch wirklich diese Studie gezeigt, die überall in den Qualitätsmedien zitiert wurde. Und denen kann man schließlich glauben, bzw. muss es, wenn man kein Spinner sein will!“

Tatsächlich zeigte die Untersuchung von Zhang et al. (2024), dass die essenzielle Aminosäure Leucin zu Ablagerungen in den Arterien führen kann.

Also ist Protein doch gefährlich?

Mechanistische Studien sind wichtig, um einzelne Prozesse zu verstehen. Entscheidend ist aber ein Wort, das fast niemand kennt: Kontext.

Schauen wir mal ein Stück weiter über den Tellerrand, finden wir schnell Studien, die zeigen: Auch Fruktose, andere Kohlenhydrate, Fett, Eisen, Cholin, Carnitin (aus letzteren beiden entsteht TMAO – in Fisch enthalten – also auch Fisch) können die Gefäße schädigen. Und so können wir jetzt ewig weitermachen, bis das letzte Nahrungsmittel, das nichts schädigt, Wasser ist. Und selbst davon kann man zu viel trinken.

Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um klassisches mTOR-Bashing, wie es auch in populärwissenschaftliches Werken wie Hot Not To Die betrieben wird – definitiv ein NOT to read 😉

Am Ende des Tages weiß jeder intelligente Esser: mTOR und AMPK dürfen im Gleichgewicht sein. Ein hoher Proteinintakte steht dem nicht im Weg.

4. Protein lässt Dich schneller altern

Auch das darf ich immer wieder hören.

Protein aktiviert mTOR

Fakt ist: Protein aktiviert mTOR. MTOR wiederum wirkt pro Alterung – und sogar pro Krebs! Betrachten wir also – wieder mal – nur eine Facette des Ganzen und blenden alles andere bewusst aus, könnte man tatsächlich meinen, dass Protein einen altern lässt.

MTOR ist eine Kinase, die anabole Stoffwechselvorgänge auslöst. Das bedeutet, dass unter ihrem Einfluss Zellen repariert und aufgebaut werden. Wachstum, Heilung, Muskelaufbau, Regeneration, Anpassung.

Ohne mTOR geht es Dir nicht besonders gut und Du kommst auch nicht besonders weit. Was wir nicht wollen, ist eine chronische Aktivierung von mTOR. Die bekommen wir allerdings nur, wenn wir permanent essen und uns nicht bewegen – das ist jetzt nicht besonders erstaunlich, oder?

Wie immer gilt also: Solange Du Dich bewegst und nichts absolut Dummes tust, arbeitet Dein Körper in der Regel für Dich. Auch mTor.

Und was macht Protein nun mit dem Stoffwechsel?

Es verbessert die metabolische Gesundheit potenziell, z. B. durch geringere Blutfettwerte und weniger Leberverfettung (Kondo et al. 2023).

Außerdem reguliert es – in Zeiten der Überernährung – die Nährstoff- und Kalorienzufuhr. Denn immer wieder wird der sogenannte Protein-Hebel-Effekt bestätigt, der zeigt: Für jedes Gramm Protein zu wenig, dass gegessen wird, werden umso mehr andere Dinge verzehrt (Gosby 2011). Besonders vor dem Hintergrund, dass Protein selbst im Überschuss kaum zu Körperfett umgewandelt werden kann, ist das umso praxisrelevanter.

Dazu benötigt unser Immunsystem ebenfalls Protein – und ein gutes Immunsystem ist nicht nur für gesundes Altern, sondern auch für einen rund laufenden Organismus – ergo auch Stoffwechsel – obligatorisch.

Protein ist also nicht nur gut für den Stoffwechsel, sondern essenziell.

Ok, jetzt aber:

5. Tierische Proteine sind ungesund

Für die Tiere, von denen sie stammen, definitiv. Denn ihre Gewinnung ist zwangsläufig mit tierischem Leid verknüpft. Ethisch und energetisch kann man das nicht leugnen.

Doch hier geht es um physiologische Fakten.

EIer

Und da gibt es zum einen deutliche Anzeichen dafür, dass insbesondere intakte, tierische Proteine deutlich besser resorbiert werden als identische Mengen pflanzliche Proteine (Review: Pinckears 2023) und zum anderen geht es bei tierischen Produkten um weit mehr als Protein. Denn so sind Hämeisen, Taurin, Carnitin, Cholin, Glycin/Kollagen, Retinol, EPA/DHA, CLA, Carnosin und viele weitere Mikronährstoffe ebenfalls in Fleisch und Eiern enthalten. Können wir ohne sie überleben? Sicherlich. Aber sind wir ohne sie so gesund, wie wir sein können? Langfristig selten.

6. Protein macht dick und aufgeschwemmt

Denn es sind ja zusätzliche Kalorien. Und Kalorien sind Kalorien! Und wenn man zu viele davon aufnimmt, werden die zu Fett.

So ähnlich war das doch, oder?

Nein. Denn wie bereits erwähnt, reguliert Protein einerseits die Gesamtaufnahme von Kalorien. Decke den Proteinbedarf und Du isst weniger Kohlenhydrate und Fette – automatisch.

Und andererseits zählen Proteinkalorien anders.

Anders? Ganz genau, denn bei der Verstoffwechslung von Protein dürfen wir berücksichtigen:

30% der Protein Kalorien gehen bereits durch Thermogenese verloren.
Dazu kommt, dass kalorisch überschüssiges Protein in der Regel nicht zur Energiespeicherung genutzt wird, sondern für die Reparatur von Organen, Zellen und auch zur optimalen Funktion des Immunsystems zur Verfügung gestellt wird.
Und sollte doch mal Protein übrig sein und ein Kalorienüberschuss vorliegen, so muss es erst über Gluconeogenese und dann Lipogenese umständlich in Körperfett umgewandelt werden – und verliert dabei fast sämtliche Energie.

Das klingt jetzt möglicherweise schon absurd und widerspricht dem typischen Verständnis des Stoffwechsels, das aktuell im Internet propagiert wird. Tatsächlich geht das Ganze aber noch weiter:

Weniger Körperfett durch 1000 Protein-Kalorien zusätzlich

Zum krönenden Abschluss dieses Artikels werfen wir nun noch einen Blick auf zwei ganz besondere Studien.

In der Untersuchung von Leaf & Antonio (2017) hatte die Versuchsgruppe mit 1000 Protein-Kalorien zusätzlich einen geringeren Körperfettanteil als die Vergleichsgruppe ohne die zusätzlichen Proteine – obwohl sie 1000 kcal mehr zu sich nahmen.

Und auch eine weitere Studie (Antonio et al. 2015) spricht dieselbe Sprache: Hier bekamen einige Probanden 1,1 g Protein pro kg Körpergewicht zusätzlich und reduzierten ihren Körperfettanteil stärker als die Vergleichspersonen.

An dieser Stelle ist klar: Protein macht alles, außer fett – eher das Gegenteil.

Fazit

Protein ist nicht nur nicht ungesund, sondern im höchsten Maße gesund.

Stoffwechsel, Körperfettanteil, Immunsystem… sind besser aufgestellt mit einer hohen Proteinzufuhr – solange nicht Gluten als Proteinquelle genutzt wird (das ist bei veganen Produkten oder Eiweißbroten tatsächlich oft der Fall!).

Also, 2 g Protein pro kg Körpergewicht sind ein löbliches Ziel. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Seitdem ich sogar auf 2,5-3 g erhöht habe, läuft es sogar noch besser.

Offene Fragen?
Gern in die Kommentare!

Herzliche Grüße
Dein Vincent

PS
Dieser Artikel könnte Dich ebenfalls interessieren:

Plan: Über 5 kg Abnehmen bis zum Sommer ohne Jojo-Effekt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.

Menü