Nüchtern Training – Krafttraining morgens nüchtern sinnvoll?

Wer mir im Social Media folgt oder den Blog hier öfter liest, weiß: Ich bin ein großer Fan von nüchterner Bewegung. Krafttraining morgens nüchtern oder auch am Mittag oder Nachmittag nüchtern Training – also ohne, bis dahin überhaupt irgendetwas gegessen zu haben. Doch für wen ist das Ganze überhaupt geeignet?

Und was sind die positiven Effekte auf Gesundheit, Muskelaufbau und Fettverbrennung?

Schauen wir es uns an.

Eine meiner wichtigsten Regeln lautet:

Erst bewegen, dann essen.

Und diese Regel verstehen viele einfach falsch.

Bewegung ≠ Training!

Wenn ich von erst bewegen, dann essen oder erst jagen, dann essen spreche, dann kann zwar die Rede von nüchtern Training sein, aber muss nicht, denn:

Training ist Bewegung, aber Bewegung kein Training.

Macht Sinn, oder?

Es sind ja auch schließlich alle Tiger Tiere, aber nicht alle Tiere Tiger.

Training ist eine Unterkategorie von Bewegung.

Was zählt als nüchtern Bewegen?

Als nüchtern Bewegen zählt jegliche körperliche Aktivität, die Du als körperlich fordernd wahrnimmst: Entweder durch eine Erhöhung der Herzfrequenz und Atmung oder durch eine Ermüdung der Muskulatur.

In der Praxis kann das sein:

  • 5-10 Minuten zügig spazieren.
  • Eine Runde im Treppenhaus rauf und runter – möglichst kraftvoll.
  • 20-50 Kniebeugen oder andere, einfache Kraftübungen.
  • Eine Runde Yoga.
  • 5 Minuten tanzen.

Verstehst Du das Prinzip?

Nichts davon ist Training, aber alles Bewegung.

Die folgenden Ausführungen gelten größtenteils sowohl für nüchterne Bewegung als auch nüchtern Training.

Nüchtern Training oder Bewegung – was bringt es?

1. Stressabbau

Nach dem Aufstehen sind die Spiegel unseres Stresshormons Cortisol in der Regel recht hoch und steigen, sofern die Cortisol-Ausschüttung nicht gehemmt wird, auch weiter an.

Wichtig: Das ist gut und richtig so!

In der heutigen Zeit haben wir zwar ein Problem mit modernem Dauerstress, aber das ändert nichts daran, dass wir Cortisol brauchen und es vor allem morgens seinen Sinn hat: Es gibt uns unsere natürliche Kickoff Energie für den Tag.

  • Es lässt uns aufwachen.
  • Es sorgt dafür, dass freie Fettsäuren mobilisiert werden (auch aus dem Körperfett, das so viele gern loswerden wollen)
  • Es ermöglicht uns Konzentration, Fokus, Leistungsfähigkeit.
  • Es macht (temporär – und auch das ist richtig und wichtig) insulinresistent.
    Das hat in diesem Kontext den Vorteil, dass Muskeln zwar geschützt werden, aber auch Nährstoffe dort nicht ankommen – sondern im Körperfett.

Es besteht kein Grund dazu, permanent das Cortisol zu senken, wie viele Ernährungsgurus es propagieren.

Der morgendliche Stressschub ist also Energie und darf genutzt werden. Egal ob für geistige Arbeit oder körperliche Betätigung. Was einfach jeder verstehen sollte, ist Folgendes:

Man muss nicht morgens essen, um Cortisol abzubauen.

Wer sagt, man müsste das, hat – sorry – den Körper einfach NULL verstanden.

ESSEN BAUT NICHT CORTISOL AB.

Ich kann es nicht oft genug sagen.

Kurz, knackig und einfach auf den Punkt:

Nach dem Aufstehen hast Du von Natur aus hohe Cortisolspiegel.
Cortisol macht insulinresistent – Deine Muskeln nehmen keine Nährstoffe auf, sehr wohl aber Dein Bauchfett.

Wenn Du isst, während noch viel Cortisol im Blut ist, wirst Du Fett zunehmen.

Deswegen ist die spannende Frage: Was baut Cortisol ab?
Und die unspektakuläre Antwort: BEWEGUNG.

Erst bewegen, dann essen oder auch ein nüchtern Training sind also Grundhygiene für Dein endokrines System. Und damit sind wir gerade mal bei Punkt 1!

Aber… warum sagen da so viele Ernährungs- und Gesundheitsleute, dass man durch Essen sein Cortisol „runter kriegt“?

Weil sie, wie so viele in der schwarz-weißen Welt von heute, nicht differenzieren können:

Essen, insbesondere Kohlenhydrate und Protein, senken die AUSSCHÜTTUNG von Cortisol. Sorgen also dafür, dass keine weitere Cortisol-Freisetzung aus der Nebennierenrinde stattfindet.

Das hat aber NICHTS mit der Wirkung bereits im Blut zirkulierenden Cortisols zu tun. Ein Ernährungsberater, der das nicht versteht, disqualifiziert sich schlicht und ergreifend, denn so etwas sollten Basics sein.

Der Abbau von Cortisol vor der ersten Mahlzeit ist ein Gamechanger für jeden, der Fett verbrennen Muskeln aufbauen oder einfach gesünder sein will. Und es kann in unter 5 Minuten erledigt werden, auch vor dem Frühstück, wenn man z. B. unbedingt morgens Essen will (wofür es übrigens diverse sinnvolle Szenarien und Gründe gibt). Einfache Entscheidung.

2. Nüchtern Training oder Bewegung macht INTELLIGENTER

Klingt absurd?

Es gibt aber deutliche Hinweise darauf, denn vor allem beim nüchtern Training wird BDNF (brain derived neurotrophic factor) freigesetzt. Dieser Botenstoff erhöht nicht nur die Insulinsensitivität – der Schlüsselfaktor für Gesundheit und Stoffwechsel – sondern fördert auch das Überleben von Neuronen, die Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit. Zudem schützt BDNF vor neurodegenerativen Erkrankungen (Alzheimer, Demenz etc.).

Der Einfluss auf die Gehirngesundheit ist wissenschaftlich bestätigt und wird in der aktuellen Forschung weiter untersucht.

3. Lokal bessere Insulinsensitivität durch nüchternes Training

Der Punkt mit der Insulinsensitivität ist an dieser Stelle eigentlich bereits ein No-Brainer, weil auch die letzten beiden bereits darauf eingezahlt haben. Jedoch gibt es noch einen weiteren Faktor dazu, den fast niemand kennt.

Training und Bewegung sind – ganz unabhängig vom Ernährungszustand – die größten und unverzichtbarsten Treiber für einen hohe Insulinsensitivität. Insbesondere bei nüchtern Training oder Bewegung werden in der beanspruchten Muskulatur bestimmte Myokine* freigestezt, welche die Insulinsensitivät der entsprechenden Muskulatur erhöhen.

Heißt: Du machst 30 Kniebeugen als „erst bewegen, dann essen“? Die Insulinsensitivität Deiner Glutes und Quads wird besonders erhöht.

*Myokine sind hormonähnliche Botenstoffe. Während Hormone systemisch, also im gesamten Körper wirken, wirken Myokine nur lokal – ergo, dort, wo sie ausgeschüttet wurden. Sie werden umgangssprachlich auch als „Muskel-Hormone“ bezeichnet.

4. Mehr Drive, Energie und Motivation

In der heutigen Zeit haben viele Leute Probleme mit ihrem täglichen Energielevel.

Die spannende Frage ist: Woran liegt das?

Auf endokriner Ebene unter anderem: An DOPAMIN.
Sicherlich einen eigenen Artikel oder ein Buch wert.

Nun aber kurz und knackig: Dopamin ist auch unser Motivationshormon.
Und nun rate mal, wodurch es besonders angeregt wird?

Richtig: Training und Bewegung.
Vor allem nüchtern trainieren oder bewegen erhöht die Dopamin Ausschüttung besonders.

Übrigens: Es gibt eine spannende Studie, bei der gemessen wurde, dass beim Laufen unter Verwendung exogener Ketone sich die Dopamin Spiegel verdoppelten – mehr dazu bald in einem anderen Artikel.

Mehr Dopamin bedeutet in der Praxis: Mehr Motivation, Drive und Lust.

Nüchtern Training am Morgen auf leeren Magen

Training morgens auf leeren Magen? Flexibel, widerstandsfähig, gesund.

Weitere potenzielle Vorteile von nüchtern Training

Möglicherweise wird durch nüchtern Training mittelfristig auch der Fettstoffwechsel optimiert.

Damit ist gemeint, dass die Mitochondrien eine höhere Oxidationsrate freier Fettsäuren erreichen. Nüchterne Bewegung und auch Intervallfasten verstärken diesen Effekt systemisch – also im ganzen Körper (hier ein Studien Review dazu).

Durch nüchtern Training wird auch die Fettsäuren Oxidation der Muskulatur verbessert (also der Muskel-Mitochondrien). Für eine flexible Grundkondition und auch viele Sportarten ist das extrem vorteilhaft. Außerdem sind metabolisch flexiblere Muskeln weniger anfällig dafür, im Kaloriendefizit schnell verloren zu gehen – die große Angst vieler Hobby-Kraftsportler, aber auch bei einer Verletzung, z. B. im Alter, eine höhere Chance, schnell wieder auf die Beine zu kommen.

Zudem führt Training morgens auf leeren Magen zu einer höheren Wachstumshormonausschüttung – das Jungbrunnen Hormon, das zudem sowohl Muskelaufbau als auch Fettverbrennung verbessert.

Fazit

Nüchtern Training hat so einige Vorteile.

Erst bewegen, dann essen sollte für jeden Grundhygiene sein.

Es kostet kein Geld.
Es ist in wenigen Minuten zu erledigen.
Es hat Vorteile in diversen Lebensbereichen.

Wer das nicht nutzt, ist selbst Schuld.

Offene Fragen wie immer gern in die Kommentare!

Herzliche Grüße
Dein Vincent

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