Exogene Ketone und Ausdauer – 4 Studien und Praxis

Exogene Ketone haben im Profisport schon lange ihren Platz. Entwickelt für die US Navy Seals, recht früh adaptiert im Radsport und mittlerweile auch bei ambitionierten Hobbysportlern oder professionellen Ausdauerathleten und Spielsportlern – von Tennis bis zum Profi-Fußball. Exogene Ketone und Ausdauer scheinen in der Praxis ein Thema zu sein.

Dennoch gibt es immer wieder Kritik an der Datenlage: Gibt es wirklich keine belastbaren Daten, die zeigen, dass exogene Ketone und Ausdauer ein gutes Match sind?

Werfen wir einen Blick in ein paar Studien.

Exogene Ketone beim 5 km Lauf

In dieser, mittlerweile recht bekannten, doppelt-verblindeten Crossover-Studie, testeten Freizeitläufer die Kombination aus rBHB-Ketonen (300 mg pro kg Körpergewicht) und MCT-Öl gegen einen Placebo.

Zwar war die Laufzeit mit Ketonen um 4,06% besser, jedoch waren die Ergebnisse nicht signifikant (p=0,100), wobei 80% der Teilnehmer auf das Supplement reagierten und 20% nicht. Die Autoren gehen auf Grund der dadurch niedrigen Variabilität  der Laufzeiten dennoch davon aus, dass die Verbesserungen der Laufleistung durch die exogenen Ketone verursacht wurde.

Prins PJ, Koutnik AP, D’Agostino DP, Rogers CQ, Seibert JF, Breckenridge JA, Jackson DS, Ryan EJ, Buxton JD, Ault DL. Effects of an Exogenous Ketone Supplement on Five-Kilometer Running Performance. J Hum Kinet. 2020 Mar 31;72:115-127. doi: 10.2478/hukin-2019-0114. PMID: 32269653; PMCID: PMC7126257.

Bessere Gefäßbildung und Regeneration?

Während häufig nur die kurzfristigen Effekte exogener Ketone gemessen werden, sind in der Praxis vor allem auch potenzielle, langfristige Anpassungen ein spannender Faktor. Deswegen ist diese Studie recht interessant, in der festgestellt wurde, dass durch exogene Ketone die Muskelkapilarisierung um 40% anstieg.

Dabei ist zu sagen, dass es sich hierbei um eine recht extreme Studie handelt: Es wurden über 3 Wochen jeweils 10 Ausdauer Sessions pro Woche mit 25 g exogenen Ketonen absolviert. Sowohl das Trainingspensum als auch die Menge des verwendeten Substrates sind daher nur im Profibereich oder für Leute mit genügend Zeit und Geld realistisch.

Nichts desto Trotz zeigt die Studie deutlich: Exogene Ketone und Ausdauer haben in Kombination starke Auswirkungen auf die Gefäßbildung.

Das ist in der Praxis einerseits sowohl für die metabolische Gesundheit relevant, andererseits auch für aktive Regenerationsmaßnahmen. Zudem ist nicht gesagt, dass so hohe Mengen und so ein enormes Trainingspensum nötig sind – möglicherweise ist der Grenznutzen bei diesen Ausmaßen bereits lange überschritten oder entsprechende Anpassungen lassen sich auch bei moderateren Trainings- und Supplementdosierungen in etwas längeren Zeiträumen erzielen. Das wird sicherlich Gegenstand zukünftiger Forschung zum Thema exogene Ketone und Ausdauer sein.

Poffé C, Robberechts R, Van Thienen R, Hespel P. Exogenous ketosis elevates circulating erythropoietin and stimulates muscular angiogenesis during endurance training overload. J Physiol. 2023 Jun;601(12):2345-2358. doi: 10.1113/JP284346. Epub 2023 Apr 27. PMID: 37062892.

Mehr Dopamin durch exogene Ketone und Ausdauer?

Ich gebe zu, hier wird es extrem, aber trotzdem will ich Dir diese Studie nicht vorenthalten, bei der auf 100 km Läufe (sofern die Distanz bewältigt wurde) exogene Ketone gegen einen kalorienarmen Placebo getestet wurden.

Die Ketone-Gruppe hatte in diesem Fall doppelt so hohe Dopamin-Konzentrationen wie die Placebo-Gruppe und einen höheren, muskulären Energiestatus.

In der Praxis deutet dies nicht nur auf potenziell bessere Regeneration hin, sondern auch auf länger anhaltende Motivation und Energie während einer hohen Belastung (Dopamin = Motivation/Belohnung). Gerade für Sportler, die langen Belastungen ausgesetzt sind, ein entscheidender Faktor.

Poffé C, Robberechts R, Stalmans M, Vanderroost J, Bogaerts S, Hespel P. Exogenous ketosis increases circulating dopamine concentration and maintains mental alertness in ultra-endurance exercise. J Appl Physiol (1985). 2023 Jun 1;134(6):1456-1469. doi: 10.1152/japplphysiol.00791.2022. Epub 2023 May 4. PMID: 37141424.

Keine bessere Leistung oder Glykogenschonung durch exogene Ketone?

Ein häufig beworbener Claim exogener Ketone ist, dass die Glykogenspeicher bei einer längeren Ausdauerbelastung geschont werden und entsprechend auf Distanz mehr Energie vorhanden ist.

Das wurde in dieser randomisierten, doppelt verblindeten crossover Studie auf die Probe gestellt und zwar ausgerechnet im Radsport – dem Leistungssport, in dem exogene Ketone als erstes etabliert wurden.

Es wurde ein 3-stündiges, simuliertes Rennen, inklusive 15-minütgen Strecke und eines maximal Sprints bei 12 trainierten Radfahrern getestet. Besonders spannend hier:

Es wurden Ketone in Kombination mit Kohlenhydraten und getestet:

60 g Kohlenhydrate + 20-25 g Ketone gegen 60 g Kohlenhydrate + (kalorienarmer) Kontrolldrink.

Die Ration wurde auf 60 Minuten vor dem Rennen, 20 Minuten davor und nach den ersten 30 Minuten des laufenden Rennens verabreicht. Das Essen am Vortag, das Frühstück und weitere Grundlagenbedingungen wurden größtenteils standardisiert.

Das Design dieser Studie macht einen sehr guten und durchdachten Eindruck. An der Methodik habe ich keine nennenswerte Kritik anzubringen. Schauen wir also, was sie uns über exogene Ketone und Ausdauer sagt:

Identische Leistung mit und ohne exogene Ketone. Identische Entleerung der Muskelglykogenspeicher. Auch hormonell zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede – bis auf die bereits bekannte Senkung des Ghrelins, was aber für Abnehmen relevanter ist als für die Ausdauerleistung. Die Athleten stellten entsprechend auch weniger Hunger und Verlangen nach Essen fest, hatten allerdings auch teilweise eine suboptimale Verträglichkeit des genutzten Keto-Supplements.

Poffé C, Ramaekers M, Bogaerts S, Hespel P. Exogenous ketosis impacts neither performance nor muscle glycogen breakdown in prolonged endurance exercise. J Appl Physiol (1985). 2020 Jun 1;128(6):1643-1653. doi: 10.1152/japplphysiol.00092.2020. Epub 2020 May 14. PMID: 32407242; PMCID: PMC7311686.

Zwischenfazit

Du siehst, wie unterschiedlich Studienergebnisse ausfallen können. Die einen zeigen einfach keine Ergebnisse, die anderen die spektakuläre Verdopplung relevanter Parameter.

An dieser Stelle ein paar Gedanken und Interpretationen von meiner Seite dazu – das gehört in so einem Artikel klar von der objektiven Darstellung der Studien getrennt.

Wir haben bei dieser Art von Daten einige grundsätzliche Probleme:

1. Es werden sehr große Keton-Mengen gegeben. Die Effekte müssten dadurch zwar stärker sein, aber in der Praxis nutzt kein Normalsterblicher 20-30 g Rationen. Positive Effekte der Keton-Supplementierung könnten also in der Praxis niedriger ausfallen.
2. Die Qualität der Keto-Supplemente variiert: Schauen wir uns z. B. die zuletzt betrachtete Studie an, gibt es Probleme mit der Verträglichkeit und auch im Urin wurden kaum Ketone gemessen. Letzteres kenne ich aus das Praxis mit exogenen Ketonen anders.
3. Um von die Stoffwechsel optimierenden Wirkungen exogener Ketone zu nutzen, werden fortschrittliche Präparate mit Vitaminen und Aminosäuren kombiniert, welche die Mitochondrienfunktion verbessern (Taurin, B-Vitamine).
4. Für eine optimale Wirkung exogener Ketonkörper ist eine grundsätzliche Keto-Adaptation notwendig. In manchen Fällen liegt diese bereits vor, in anderen hingegen ist dafür in der Praxis die Einnahme von Ketonen über mehrere Tage notwendig.

Schauen wir uns vor diesem Kontext noch einmal die vorliegenden Daten an, so fällt auf: In den Studien, wo Ketone über längere Zeit (z. B. 10 Tage) genutzt wurden, haben wir durchweg positive Ergebnisse. Wurden die Ketone hingegen nur situativ eingesetzt, fallen die Ergebnisse deutlich schlechter aus.

Exogene Ketone und Ausdauer – was nun?

Studien sind wertlos ohne eigene, praktische Erfahrung. Es gibt so viele Leute, die alle Studien kennen und klug daherreden. Wer allerdings selbst nicht einfach mal die Erfahrungen sammelt, bleibt eben ein blinder Theoretiker.

Fakt ist: Die Datenlage beim Thema exogene Ketone und Ausdauer ist konfus. Es spielen mehr Dinge eine Rolle als die bloße Anwesenheit von Ketonkörpern im Blut. Eine konstante Einnahme über einige Tage oder Wochen scheint sinnvoll zu sein. Die Vorteile neuronaler Effekte (Konzentration, Motivation) dürfen zudem unabhängig von den rein physiologischen Wirkungen betrachtet werden und verdienen sicherlich einen eigenen Artikel.

Wer als Coach oder Athlet wirklich mitreden können will, testet am besten selbst mal einfach exogene Ketone. So habe ich es auch gemacht und finde in der Praxis viele, spannende Anwendungsbereiche.

Offene Fragen?
Schreib sie gern in die Kommentare!

Herzliche Grüße
Dein Vincent