Erfahrungen sammeln, frei sein, die Welt sehen – und dabei trainieren? Work and Travel klingt erst einmal immer aufregend und abenteuerlich, aber kann man dabei auch in Form bleiben – oder sogar stärker werden?

Wenn Du bereits ein austrainierter Wettkampfsportler bist, wird Letzteres schwierig werden, als mittelmäßig oder untrainierte Person hingegen gibt es unbegrenzte Möglichkeiten. Die Grenzen liegen – wie so oft – nur im Kopf und der eigenen Disziplin. Als ich nach Neuseeland und Australien gereist bin, um vor der Intelletics-Gründung noch einmal lange außer Landes zu sein, war mir von Anfang an klar: Ich werde Wege finden, meine Form zu halten und vielleicht sogar zu verbessern!

Da ich mit dem festen Entschluss nach Neuseeland flog, dort regelmäßig Sport zu machen, nahm ich meine Turnringe (Gymrings) und Expander mit. Dazu meine Gewichtheberschuhe, Sporthosen etc. Braucht man das? Ich bereue es nicht, aber wer nicht verrückt nach dem Training mit der Langhantel ist, kann sich natürlich eine Menge Gepäck sparen. Auch die Ringe konnte ich fast nie zum Einsatz bringen.


Wenn Du Work and Travel machst, stehst du vor

3 großen Herausforderungen:

  1. Die körperliche Arbeit ist zermürbend. Klingt flach, aber wenn Du 8-12 Stunden in der Sonne auf dem Feld gearbeitet hast, kommst Du zurück und bist platt. Die Schwachen sagen sich dann: Ich hab doch schon trainiert. Arbeit ist auch Training. Glaub mir, nach ein paar Monaten sieht man, dass es nicht so ist. Nach solchen Arbeitstagen ist es natürlich kaum möglich, ein vollwertiges Training zu absolvieren. Aber ein bisschen Mobility, ein paar lockere Sätze Grundübungen? Das geht. Klar, Du willst auch für den nächsten Tag auf der Arbeit fit sein, aber das bist Du auch, wenn Du noch ein paar Liegestütze, Ausfallschritte und Klimmzüge gemacht hast. Bei RPE7. So bleibt in diesen Phasen deine Muskulatur wenigstens erhalten. Und am Wochenende oder freien Tagen findest Du IMMER Möglichkeiten, ein richtiges Workout oder 2 kleine intensive Einheiten einzubauen. Du musst nur wollen. Und darfst Dich nicht von den ganzen Schlaffis abhalten lassen, die dich dann komisch angucken, ihren Joint rauchen, ihr Bier trinken und ihr billiges ungesundes Essen in sich hineinschaufeln. Und damit sind die nächsten beiden Problempunkte bereits angerissen…
  2. Die anderen Backpacker. Sie. Trainieren. Nicht. Wenn Du denkst, dass Dich in Australien oder Neuseeland tausende topfitte Abenteurer und spirituelle Wanderer erwarten, liegst Du falsch. Ganz im Gegenteil, es sind oft gestrandete Gestalten, die vor ihren Problemen zu Hause fliehen. Die herumgammeln, konsumieren und mit den Worten Disziplin und Ziel nicht viel anfangen können. Natürlich gibt es auch viele andere Leute, ABER: Oft wirst Du erst einmal komisch angeschaut, wenn Du Deine Session beginnst. Das muss Dir egal sein. Und noch wichtiger: Auch wenn Deine Travelmates, also deine Reisebegleiter, nicht trainieren: Mach es. Sieh sie als abschreckende Beispiele, ignorier sie, oder finde Deine eigene Strategie, aber lass Dich nicht von ihrer Schwäche anstecken. Egal, ob ihr schon 6 Stunden Auto gefahren seid und Dir alles weh tut. Mach einfach Deine Session. Wenn Du diese Härte nicht mitbringst und von Anfang bis Ende durchziehst, wird es eng für deine Gainz.
  3. Das Essen in Neuseeland. Und Australien. Hilfe. Dir wird schnell auffallen, dass
    insbesondere in Neuseeland noch mehr übergewichtige Menschen herumlaufen als in Deutschland. Mit fauligen Zähnen…. egal. Worauf ich hinaus möchte ist: Die können da nicht so viel für, wie man erst  einmal denken könnte. Wenn Du in Deutschland Äpfel aus Neuseeland kaufst, kosten sie 2-3 Euro das Kilo. In Neuseeland selbst doppelt so viel. Hackfleisch 15 Dollar das Kilo. Australisches Teebaulöl (DM: 1,95€) 14,99 $. EINE Paprika 1-2 $, je nach Saison. Und eine ganze Tüte voller Donuts? 1 $. Alles, was Protein enthält oder sonst irgendwie gesund ist, ist maßlos überteuert. In Reiseführern wird dann oft der Mindestlohn von ca 17$ gelobt – der hat im Endeffekt eine Kaufkraft von 5-7 Euro. Toller Mindestlohn. Du hast also wirklich mit deiner Ernährung zu kämpfen und ich habe unerwartet viel Geld in diese investieren müssen.

Es ist nie cool, nur über Probleme zu reden – wirklich wertvoll ist deren Lösung. Im nächsten Artikel werde ich ausführlich schildern, wie ich es geschafft habe, mein Training durchzuhalten. Erst mit der Langhantel im Campervan, später fast ohne Equipment. Und damit Du in diesem Artikel nicht nur das Briefing für Dein Mindset bekommst, folgt jetzt meine Lösung für Problem 3.


Wie habe ich mich ernährt? Schon in Neuseeland habe ich von Intelligent Essen profitiert. Ja, das Buch gab es da noch nicht, aber das Wissen hatte ich schon. Ich habe es angewendet, um meinen Körper mit einem Minimum an Nährstoffen am Laufen zu halten. Und bevor wir uns falsch verstehen: Was ich jetzt beschreibe, ist NICHT DIE Ernährungsweise, die ich im Buch empfehle, sondern die Konsequenz aus der Situation (ich hatte kaum noch Geld – die Story dazu im nächsten Artikel) und meinem Wunsch, mich körperlich nicht aufzugeben 😉

Interessant ist dabei wahrscheinlich zuerst einmal meine Nahrungsmittelauswahl – der Tradeoff zwischen hoher Nährstoffdichte und geringen Preisen.

  • Whey von NZ Muscle (Schoko und Vanille)
  • Hackfleisch vom neuseeländischen Weiderind
  • Karotten
  • Zwiebeln
  • Getrocknete Datteln (Vorsicht, Kerne, habe deswegen nen Zahn verloren 😀 )
  • Walnüsse und Mandeln
  • Wenn Möglichkeit zum Kühlen: Käse vom neuseeländischen Weiderind
  • Reis
  • Back Kakao
  • Kokosöl zum Braten, Thymian, Pfeffer, Salz zum Würzen
  • Luxus oder wenn gerade zufällig billig: Bananen und Eier (Eier: 11-14 $ wenn keine Käfighaltung – und wer Käfig Eier kauft, soll bitte von meiner Seite verschwinden)
  • Manchmal günstig oder sogar wild pflückbar: Äpfel

Trocken in Neuseeland

Das wars.  Was macht man daraus?
Ich habe nie gefrühstückt. NIE. Wenn ich arbeiten war, habe ich in der Mittagspause Nüsse und Datteln gegessen, dazu ein großes Stück Käse oder einen Shake. Nach der Arbeit: Training, Shake. Duschen, 500 g Hack mit 1 Karotte und 1 Zwiebel in Kokosöl gebraten, dazu 200 g Reis, wenn verfügbar: noch nen Apfel hinterher Am Ende des Tages? 2300 kcal, 160 g Protein. Wenig für einen 90 kg Mann. Ok, da habe ich auch nur noch 85 gewogen. Aber ich war durchgehend gesund.

Und wenn ich nicht arbeiten war? Dann habe ich meistens vormittags das nächste Reiseziel angesteuert oder bei mehrfach Übernachtungen erst einmal nüchtern die Gegend erkundet. Dann kam das nüchterne Training. Dann ein großer Shake (2,5 Scoops Whey, 30 g Backkakao). Dann, wenn möglich, die Dusche, anschließend wieder die 500 g Hack mit Reis und Gemüse, als Nachtisch Nüsse und Datteln.

An und für sich ganz ok. Ich war gesund, vital und voller Energie. Diese Nahrungsmittelauswahl enthält alle wichtigen Fette, viel Protein sowie sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Aus Bananen und Eiern kann man leckere Pfannekuchen machen. Und jetzt noch ein ekliges Detail? Wenn Du direkt ein oder 1,5 kg Hack mit der entsprechenden Menge Zwiebeln und Karotten in Kokosöl (!) und mit ordentlich Salz brätst, kannst Du es in luftdichte Boxen packen und mehrere Tage lang lagern. Sowohl das Salz als auch das Kokosöl haben konservierende Effekte – ich habe die aber nicht für länger als 3 Tage (bei über 30°) auf die Probe stellen wollen.

Ok, zum Thema fitness- und gesundheitsorientierter Ernährung beim Work and Travel hast Du jetzt schon die Basics. Im nächsten Artikel wird es um den Faktor Training gehen. Offene Fragen kannst Du natürlich gerne hier posten. Wenn Du Dir ein eigenes Ernährungssystem für Deine Reise erstellen willst, wird mein Buch Intelligent Essen sehr wertvoll für Dich sein.

Herzliche Grüße

Vincent Braukämper
Strength & Performance Coach

Düsseldorf | Bochum | Online

 

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