Knappe Kiste in Mexiko

Es ist der 20.03.2022 und ich mache einen wunderschönen Bootsausflug durch den Canyon Sumidero. Epische Aussicht, Krokodile und danach ein leckeres Essen am mexikanischen Buffet.

Abends etwas Durchfall… das geht schon wieder weg… Ok, am nächsten Morgen ist er auch noch da, also eben 4 Bananen essen und ab in den Flieger zu meiner Homebase Playa del Carmen. Dort angekommen lade ich nur schnell meinen Rucksack ab und gehe zu Freunden, Grillen auf einem Rooftop. Mega Abend, leckeres Essen… ich bin nur etwas müde. Vollkommen normal nach den recht anstrengenden letzten Tagen.

Ich gehe schlafen und denke mir nichts Böses. Alles cool, ich habe eine gute Zeit und freue  mich am nächsten Tag wieder richtig zu arbeiten.
Um 2 Uhr Nachts werde ich schweißgebadet wach. Mir ist schlecht und ich muss auf Toilette. Durchfall, aber richtig. Ich gehe eine Runde draußen spazieren. Übergeben? Das letzte Mal 2015. Sowas passiert mir nicht. War bestimmt nur die schlechte Luft im Zimmer. Draußen fühle ich mich aber auch nicht wohl. Angeschlagen und offensichtlich geschwächt nachts durch die Straßen in Mexiko zu wanken ist eine ganz schlechte Idee.

Ich gehe zurück nach Hause – keine Sekunden zu spät. Den Rest der Nacht bin ich mit Magen- und Darm- Entleerung beschäftigt. Toll.

Nagut. Dann muss da wohl was raus. Kann ja mal vorkommen, kein Grund rumzuheulen.

Am nächsten Tag bekomme ich über den Tag verteilt nur einen halben Apfel runter und verbringe den Tag zwischen Toilette und Bett.
Am Tag darauf gehen ein Apfel, eine Möhre und sogar ein kleines Stück Pizza. Am Abend geht es mir wieder richtig gut, ich mache einen langen Spaziergang und denke mir: Siehste, so einfach geht das.
Stehe am Tag darauf auf, fühle mich geil, antworte meinen Leuten… und dann beginnt plötzlich der Bauch zu krampfen und der rechte Unterbauch sticht.

WTF?! Ich frage sofort in meinem Netzwerk rum. Habe ich Blinddarm? Kein Fieber. Kann gerade stehen… Nein. Unwahrscheinlich.

Hier rettet mich aber meine Intuition. Ich bin der Letzte, der zum Arzt oder ins KH rennt und helfe mir am liebsten selbst, aber in diesem Moment weiß ich: Gerade ist etwas ganz falsch. Ich schreibe schnell eine Mail an meine Versicherung, packe eine Flasche Wasser und mein Ladekabel ein – für mehr war gar kein Platz in meinem Kopf – und lasse mich vom Taxi in ein Krankenhaus bringen. In eines, von dem ich weiß, dass es mit meiner Versicherung zusammenarbeitet.

Dort angekommen ist das erste, was ich höre: Um aufgenommen zu werden, muss ich 1500 Dollar bezahlen. Wtf? Ich erreiche, dass ich für „nur“ 800 Dollar einen Ultraschall meines Bauches bekomme.

Ca 10 Uhr morgens, Diagnose: Blinddarm entzündet und bereits Flüssigkeit im Bauchraum. Ob von einem Durchbruch, Löchern oder einfach durch die Entzündung lässt sich im Ultraschall nicht erkennen.

Fakt ist: Das ist bereits eine lebensbedrohliche Situation und die Schmerzen werden ständig stärker.
Notoperation. Möglichst schnell.
DENKSTE.

Mir wurde gesagt, um operiert zu werden, müsste ich 31.000 Dollar bezahlen. Naja, so viel Kreditkartenlimit hab ich dann doch nicht.
Die Kommunikation mit meiner Versicherung gestaltete sich… sagen wir… schwierig. Auf die erste Mail hatte ich zwar zügig eine Antwort bekommen, aber danach kam stundenlang nichts. Und jetzt?
Das Krankenhaus sagt: Wenn die Versicherung eine Kostenübernahme über den Betrag garantiert, werde ich notoperiert. Ansonsten solle ich doch bitte endlich nach Hause gehen. Sichtlich genervt.

Ich schreibe weitere Mails an die Versicherung, aber keine Antworten. Stunden vergehen, ich organisiere mir bereits einen Rückflug nach Deutschland… Zum Glück habe ich mein eigenes Wasser dabei, denn das war bei den 800 Dollar für den Ultraschall nicht inklusive.
Einfach anrufen? Kann ich mit der mexikanischen Sim nicht, aber letztendlich bekomme ich das Krankenhaus Telefon und erreiche auch tatsächlich wen bei der Versicherung.
Der Mann ist freundlich und schaut endlich in meine Mails. Ja, sie helfen mir.
Super! Denke ich mir. 18 Uhr.

30 Minuten später bringt mir die Krankenhaus Frau einen 4 seitige Papierbogen zum Ausfüllen… Datum des Versicherungsabschlusses, Beginn des Versicherungsbeginns, Nummer des Aktenzeichens, Versicherungsnummer und Vieles mehr.
Gegessen habe ich noch nichts, getrunken heute vllt einen halben Liter Wasser und die Schmerzen sind stetig gestiegen.
Ich denke mir einfach nur: Ich kann nicht mehr. Wie soll ich das jetzt ausfüllen? Und die ganzen Informationen organisieren?
Und dann erinnere ich mich, wofür ich ins Eis gehe und all das tue… atme ein paarmal so tief ein, wie es geht, beherrsche mich… und gehe durch diesen scheiß Bogen. Buchstabe für Buchstabe. Mache ihn fertig. Gebe ihn ab.

Und warte 2 Stunden.
Nachdem immer noch nichts passiert, rufe ich die Versicherung erneut an.
Die Rückmeldung?
Ich hätte auf Seite 3 eine Unterschrift vergessen. Ich müsste den Bogen nochmal ausfüllen.
Okay.
Ich mache es.
Der Versicherungsmann garantiert mir am Telefon die Kostenübernahme… und nichts passiert.

Irgendwas zwischen 22 Uhr und Mitternacht – ich bekomme nicht mehr wirklich viel mit…
Die Krankenhaus Frau kommt und sagt, die Versicherung hätte jetzt eine Kostenübernahme geschickt – über 2000 Euro. Ich denke mir nur noch… das kann doch jetzt nicht wahr sein… aber dann kommt die Kostenübernahme über den vollen Betrag und ich bekomme eine Infusion – wie gnädig – und werde ein paar Stunden später notoperiert…

Kurz vor der OP.

 

Der Arzt ist gut, seriös, beantwortet mir alle meine Fragen verständlich und zur vollsten Zufriedenheit.

Auch die Operation verläuft gut. Aber wenn ich mir dieses Event so ansehe, kann ich nur sagen: Die meisten Menschen hätten es nicht bis dahin geschafft.

Glück?

Vielleicht, aber ich glaube nicht an Glück.

Ich habe bereits an diesem Punkt extrem viel gelernt – dabei ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende.

  1. Sie lassen Dich hier wissentlich und absichtlich einfach verrecken.
  2. Ich kann mit dem Thema „Tod“ sehr gut umgehen, es lähmt mich nicht und macht mir keine Angst.
    Dazu an anderer Stelle mehr.
  3. Wenn Du unter Stress nicht klar denken kannst, bist Du am Arsch.
    Ausgehungert und unter extremen Schmerzen klare Gedanken zu fassen, ist ein Skill.
    Hätte ich das Ladekabel vergessen, würde ich das hier nicht mehr schreiben, weil ich meine Versicherung NIE für weitere Kommunikation erreicht hätte – Mitdenken ist Key!
    Könnte ich mit Hunger nicht umgehen (Fasten! Metabolische Flexibilität!), könntest Du diesen Artikel jetzt nicht lesen.
    Könnte ich nicht trotz der Extremsituation rational Handeln (gelernt u. a. beim Eisbaden), wäre ich jetzt tot.
  4. Wenn Du körperlich schwach bist, stirbst Du in so einer Situation.
    Denn überhaupt so lange durchzuhalten, wäre bei einem schwachen Menschen evtl. nicht drin – geschweige denn mit größtenteils funktionsfähigem Körper.

Das war Selektion.

Ich habe hier die Belohnung dafür bekommen, dass ich meditiere, eisbade, meine Ernährungsstrategien (übrigens: Für meinen Ernährungs-Bestseller gibt es seeehr bald wieder eine Aktion) anwende, seit Jahren ohne Ausreden trainiere und auch den Zugang zu meiner Intuition aktiv pflege.

Das Spektakel ist dennoch lange nicht vorbei – auch heute, am 28.03.2022 nicht.
Ich wurde am 26.03. aus dem Krankenhaus entlassen. Gehe nach Hause. Und bekomme Krämpfe und blutigen Durchfall. Geil, denke ich mir. Das kann nicht gesund sein. Aber warten wirs ab.

Nachts halte ich es nicht mehr aus und gehe nochmal zum Krankenhaus. Was sagen sie mir? 5000 Euro, damit ein Arzt draufschaut. Ich solle das doch mit der Versicherung klären.
Zum Glück bekomme ich in diesem Moment eine Whatsapp von Maria, einer Chirurgin aus meinem Freundeskreis und sie beantwortet mir erst einmal meine wichtigsten Fragen.

Ich verlasse das Krankenhaus und warte einfach etwas ab.
Die beschriebene, unschöne Symptomatik ist bis jetzt da, aber die Schmerzen haben nachgelassen.

Mittlerweile habe ich auch mit einigen Ärzten aus meiner Familie, dem Freundes- und Bekanntenkreis Rücksprache gehalten.
Normal ist das nicht. Wahrscheinlich lag schon vorher eine bakterielle Infektion vor, z. B. mit Salmonellen oder Vergleichbarem.

Aktueller Stand

Ich versuche, es auszusitzen.
Esse Kohletabletten und Bananen.
Bin in der schlechtesten körperlichen Verfassung meines Erwachsenenlebens.
Wiege nur noch knapp 80 kg, habe also in Mexiko 12 kg verloren – davon über 5 in den letzten 10 Tagen.

Und wieder ein Learning

Ich erlebe gerade zum ersten Mal, dass ich in den Spiegel schaue und denke: Boah, siehst Du scheiße aus. untrainiert, Ausschlag auf dem Oberkörper, müdes Gesicht.

Ob mich das fertig macht? Wtf, natürlich nicht. Aber es ist trotzdem kein schönes Gefühl und hilft mir extrem, die Leute zu verstehen, denen es IMMER so geht. Für diese Lektion bin ich dankbar.

Ich weiß gerade nicht, wann mein Körper wieder richtig funktioniert. Wann ich wieder trainieren kann und vieles mehr. Das stört mich natürlich, aber im Ernst?

Ich weiß, wie ich wieder in Form komme, ich weiß, dass ich das schaffe – und zwar extrem schnell – und vor allem habe ich jetzt noch einen Grund mehr, NIEMALS AUFZUHÖREN.

Fazit?

Strong people are harder to kill and more usefull in general.

Das ist eine Wahl.

Training, Ernährung, Mindset.
Das ist nichts Außergewöhnliches, sondern so normal wie Zähneputzen.
Und wenn nicht – leb mit den Konsequenzen.

Cheers
Vincent

PS: Diese Erfahrung war der Initiator dafür, dass ich im Hintergrund damit begonnen habe, mein Business grundlegend zu überarbeiten.
Der Aufbau des körperlichen Fundaments ist nur eine Facette. Doch ohne das mentale … hätte der stärkste Körper der Welt nichts gebracht. In der Coaching Area findest Du nun auch das System, mit dem ich die Grundlage der mentalen Kraft aufgebaut habe, um diese Situation zu meistern und auch die noch größere Challenge, die mir wenige Monate später bevorstehen sollte…

Vincent Braukämper Coaching

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