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Rohhonig – Natürlich oder riskant? Fakten im Überblick

Was bringt Rohhonig, ist er wirklich gesünder und welche versteckten Risiken hat er?

Verschaffen wir uns einen Überblick über das polarisierende Trendthema.

Rohhonig in einer Wabe

Was ist Rohhonig?

Unter Rohhonig versteht man Honig, der nicht pasteurisiert oder intensiv erhitzt wurde. Da der Begriff Rohhonig in der EU nicht zugelassen ist, wird er deswegen häufig als unpasteurisierter Honig geführt.

Die Vorteile gegenüber normalem Honig sollen sein, dass mehr Mikronährstoffe und Enzyme erhalten bleiben.  Dem gegenüber steht der kritische, hygienische Aspekt. Denn unter Umständen können Krankheitserreger und Keime ebenfalls überleben.

Werfen wir einen genaueren Blick auf den letzten Punkt.

Denn auch unpasteurisierter Honig wird gereinigt. So wird er z. B. auf ca. 40° erwärmt – eine Temperatur, bei der Enzyme erhalten bleiben. Zudem durchläuft er eine Siebung, bei der größere Partikel wie Bienenwachs oder Pollen entfernt werden.

Zudem hat Honig per se schon antibakterielle Eigenschaften. Deswegen ist die Angst vor Krankheitserregern, sofern es sich um ein gesundes Bienenvolk handelt, möglicherweise etwas übervorsichtig.

Grafische Darstellung eines Enzyms

Welche Stoffe bleiben im Rohhonig erhalten?

Der große Unterschied zu normalem Honig ist, dass vier gesunde Enzyme besser erhalten bleiben:

  1. Invertase:
    Sie spaltet Zucker (Saccharose) in Glukose und Fruktose. Das unterstützt die Verdauung und trägt zur natürlichen Süße bei.
  2. Diastase (Amylase):
    Baut komplexere Kohlenhydrate, insbesondere Stärke, ab. Diese werden dann in kleinere Zucker, wie z. B. Maltose, umgewandelt. Dadurch werden Kohlenhydrate besser abgebaut und Nährstoffe besser verfügbar gemacht.
  3. Glukoseoxidase:
    Sie oxidiert Glukose zu Glukonsäure. Dabei entsteht Wasserstoffperoxid. Das wirkt antibakteriell und unterstützt die natürliche Konservierung. Hier liegt einer der Hauptfaktoren für die gesundheitsfördernden Eigenschaften des Rohhonigs. Zudem steigt dadurch die Haltbarkeit.
  4. Catalase:
    Dieses Enzym baut Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff ab. Dadurch wird der Wasserstoffperoxid reguliert – denn zu viel davon würde oxidativen Stress bedeuten.

Zusätzlich können – trotz Filterung – noch Bestandteile von Pollen enthalten bleiben. Dies wird von einigen kritisch gesehen. Andere wiederum setzen darauf, dass dadurch Allergien vermindert werden können. Eindeutige Daten dazu liegen mir zur Zeit nicht vor.

Ebenfalls noch recht vage ist die These, dass unpasteurisierter Honig vergleichsweise mehr phenolische Verbindungen und bioaktive Substanzen enthält, welche oxidativen Stress reduzieren können.

Der geringere Verarbeitungsgrad wird häufig als Pro-Argument für mehr Natürlichkeit gesehen – birgt aber auch einige Risiken:

So kann Rohhonig Verunreinigungen durch Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum enthalten. Eine Infektion kann für Kinder unter einem Jahr gefährlich sein. Für Erwachsene hingegen ist die Wahrscheinlichkeit, an Botulismus zu erkranken, recht gering.

Auch eine Kontamination mit Salmonellen oder Listerien ist theoretisch denkbar – hier wäre aber die Ursache eine unsachgemäße Herstellung oder Lagerung.

Es wird deutlich: Egal, wie kritisch man schaut – mögliche Risiken sind eher an den Haaren herbeigezogen als wirklich relevant. Lediglich Säuglinge und bestimmte Risikogruppen sollten vorsichtig sein.

Ein Glas mit Honig

Worauf achten bei der Auswahl natürlichen Honigs?

Jeder möchte bestmögliche Qualität und ein gesundes, haltbares Produkt. Die Kriterien dafür sind allerdings etwas schwammig und in der Praxis kaum kontrollierbar.

Am greifbarsten sind Zertifizierungen und Qualitätssiegel. Dazu gehören Imkerzertifikate oder vertrauenswürdige Zertifizierungsstellen wie z. B. das EU-Bio-Siegel oder regionale Imkerverbände.

Angaben des Herstellers zur schonenden Verarbeitung können leider auch frei erfunden sein. Unabhängige Testberichte dürften ebenfalls interessant sein, ebenso unabhängige Labortests.

Angaben des Herstellers über die Herstellung und Inhaltsstoffe sind grundsätzliches ein gutes Zeichen. Kommen dazu passende Siegel, sieht es schon gut aus.

Den besten Eindruck bekommt man sicherlich, wenn man selbst beim entsprechenden Imker vorbeischaut.

Übrigens: Roher Honig sollte dunkel und kühl gelagert werden.

Rohhonig vs. pasteurisierter Honig

Die größten Unterschiede lassen sich schnell auf den Punkt bringen:

  1. Nährstoff- und Enzymgehalt: Naturbelassener Honig enthält mehr Enzyme und Vitamine.
  2. Haltbarkeit: Pasteurisierter Honig ist länger haltbar.
  3. Geschmack: Unbehandelter Honig schmeckt möglicherweise intensiver und vielfältiger.
  4. Antioxidative und antibakterielle Wirkung: Beim Rohhonig etwas stärker, bei verarbeitetem Honig aber immer noch vorhanden.
  5. Sicherheit: Zwar kann unpasteurisierter Honig theoretisch verunreinigt sein, während normaler Honig garantiert keine pathogenen Mikroorganismen enthält. Das ist aber in der Praxis kaum relevant.
  6. Haltbarkeit: Pasteurisierter Honig ist länger haltbar und tendiert weniger zur Kristallisation.

Rohhonig kaufen

Wo bekommt man am besten Rohhonig?

Wenn Du mich fragst: Nach Möglichkeit direkt beim regionalen Imker. Doch das ist in der Praxis leider oft mühsam oder in Großstädten kaum möglich.

Rohhonig von bekannten Marken wie Alnatura, DM, Rewe oder Edeka gibt es nicht. Dort wird standardmäßig pasteurisierter Honig geführt – wenn auch oft in BIO Qualität.

Bienen in der Honigwabe

Übrigens, BIO muss bei Honig nicht zwangsläufig ein Vorteil sein, da bei der Ernte nach BIO-Vorschrift deutlich mehr Bienen ums Leben kommen. Auch die geringere Pestizidbelastung ist nicht garantiert.

Wer Rohhonig kaufen will, kann im Reformhaus Glück haben oder auch im türkischen Supermarkt. Dort gibt es häufig sogar naturbelassenen Honig mit Wabe. Dazu sei gesagt: Die Wabe ist dort selbstredend nicht mehr frisch und hat deswegen eine recht feste Konsistenz.

Zudem bieten einige Imker ihren Honig mittlerweile online an.
Dafür darf man nach naturbelassenem oder unpasteurisiertem Honig suchen, da Rohhonig kein offiziell zugelassener Begriff ist.

Fazit

Damit dürfte ein solider Überblick zum Rohhonig-Trend geschaffen sein.

Meine persönliche Einschätzung:

Unbehandelter Honig ist sicher und lecker und auch etwas gesünder, aber kein Wundermittel.

Sollten noch Fragen offen sein, stelle sie gern in den Kommentaren. Ich beantworte sie bestmöglich und integriere sie auch in ein FAQ.

Beste Grüße
Vincent

Quellen

Allen KL, Molan PC, Reid GM. A survey of the antibacterial activity of some New Zealand honeys. J Pharm Pharmacol. 1991 Dec;43(12):817-22. doi: 10.1111/j.2042-7158.1991.tb03186.x. PMID: 1687577.

Mandal MD, Mandal S. Honey: its medicinal property and antibacterial activity. Asian Pac J Trop Biomed. 2011 Apr;1(2):154-60. doi: 10.1016/S2221-1691(11)60016-6. PMID: 23569748; PMCID: PMC3609166.

Molan PC. The antibacterial activity of honey. 1. The nature of the antibacterial activity. Bee World. 1992 Jan;73(1):5-28. PMID: 1687577

Vincent Braukämper

Vincent Braukämper

Vincent Braukämper ist ist Kraft- und Gesundheitstrainer, Dozent und Bestseller-Autor mit über einem Jahrzehnt Erfahrung in Training und Stoffwechseloptimierung. Mit einem wissenschaftlichen Hintergrund in Ernährungswissenschaften, Chemie und Trainingswissenschaft hat er über 1.000 Klienten zu messbaren Erfolgen verholfen. Als Referent, auf seinem Blog und auch im Social Media (Instagram, Youtube) teilt er wissenschaftlich fundierte, praxiserprobte Ansätze für Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

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