Immer wieder kommen neue Stoffe auf den Markt, die die Leistung enorm steigern sollen. Die Ernüchterung tritt oft schnell ein: Meist bringen die Wundermittel nichts, sie haben Nebenwirkungen und/oder werden verboten. Doch der Traum lebt und eine deutsche Studie hat die Auswirkungen eines alten Bekannten noch einmal unter die Lupe genommen: Spinat? Ecdysteron.
Natürliche Treiber für den Anabolismus der Muskulatur? Ohne Nebenwirkungen? Das wäre ja ein Traum. Was zeigt die Studie?
Dazu, ob die überhaupt was taugt und aussagt, kommen wir jetzt. Und danach gibt’s natürlich auch einen Link, wo man das Wundermittel bekommen kann.
Das wird kein vollständiges wissenschaftliches Review, sondern einfach eine kurze Zusammenfassung, die ich so ähnlich bereits für mich selbst geschrieben habe. Los geht’s.
Die Studie zum Ecdysteron
Die Forscher haben 46 junge Männer untersucht: 25.6 Jahre alt (SD 3.7 Jahre); 181,9 cm (181.9 cm (SD 6.3 cm) groß und 80 kg (SD 9,1 (!!)) kg schwer. Voraussetzung war ein Jahr Trainingserfahrung mit der Langhantel und kein Konsum anderer Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente. Wer schon einmal an so einer Studie teilgenommen hat, kann sich vorstellen, was das wahrscheinlich für eine Truppe war.
Sportstudenten? Faktoren wie die sonstige Ernährung wurden außen vor gelassen. Bitte hier achtsam bleiben: Diese Limitationen scheinen auf den ersten Blick zwar einschränkend zu sein – doch sie können die Ergebnisse auch besonders stark unterstreichen. Dazu später mehr.
Es wurde das Ecdysteron von Peak Nutrition verwendet, welches ich aus gutem Grund nicht verlinke: die Laboranalysen ergaben, dass es statt den versprochenen 100 mg pro Kapsel nur 6 mg enthielt.
Die Teilnehmer wurden in 4 Gruppen aufgeteilt:
Gruppe Ec1: 200 mg (bzw. 12 mg) Ecdysteron täglich (die Hälfte morgens, die andere Hälfte PWO und Abends an Nicht-Trainings-Tagen)
Gruppe Ec2: 800 mg (bzw. 48 mg) Ecdysteron täglich
Gruppe PL: kein Ecdysteron, sondern einen Placebo
Gruppe CO: 200 mg (bzw. 12 mg) Ecdysteron – aber im Gegensatz zu allen anderen Gruppen ohne Training!
Pro 100 mg Ecdysteron enthielt das verwendete Supplement zudem (angeblich) 100 mg Leucine.
Das ist doch schon einmal ein interessantes Setup oder? Es wurden sämtliche Faktoren kontrolliert, die die Studie grob verändern könnten. Tests auf Steroide. Verbot anderer Supplements. Tests verschiedener Botenstoffe. Auch gesundheitliche Auswirkungen wurden überwacht – und um es nicht allzu spannend zu machen: Es wurden keine gesundheitlichen Risiken festgestellt. Nice oder?
Ergebnisse der Spinat-Anabolika Studie
Ok, dann kommen wir mal zu den übrigen Ergebnissen. Dass, wie vermutet, die Gruppe zumindest teilweise nicht besonders gut trainiert war, zeigt, dass selbst in der Placebo Gruppe das Maximalgewicht (1RM) bei der Kniebeuge um durchschnittlich 16 kg (SD = 2 kg) gesteigert wurde.
Sorry, aber wer schon halbwegs austrainiert ist, erhöht sein Max bei der Beuge nicht so enorm in nur 10 Wochen. Aber ok, vllt haben sie ja vornehmlich Oberkörper trainiert – und da fallen die Steigerungen in der Placebo Gruppe schon realistischer aus: 3 kg auf der Bank (SD = 1,25)… ja, bei einem Jahr Langhantel Erfahrung schon ein glaubhafter Wert.
Und deswegen sind besonders hier die Unterschiede zwischen den Gruppen enorm aussagekräftig: 9,5 kg auf der Bank (SD = 2,5 kg) mit 800 mg (bzw. 48 mg) Ecdysteron, 8,5 kg mit 200 mg (also in Wahrheit 12 mg) Ecdystoron? WTF. Das ist viel. Das Gleiche gilt für den Zuwachs an Muskelmasse: 2 kg mehr Magermasse (SD = 0,5) bei 800 mg, 1,5 kg bei 200 mg – im Gegensatz zu Verlust von Muskelmasse in der Placebo Gruppe.
Um das noch einmal herauszustellen: Das gleiche Training. Alle haben starke Kraftzuwächse. Aber die Placebogruppe verliert im Schnitt Muskelmasse und die anderen Gruppen packen drauf. Selbst die Gruppe, die nicht trainiert hat, aber Ecdysteron genommen hat (+0,5 kg).
Was sagt uns das über Spinat Anabolika?
Der einzige Zufallsfaktor, den diese Studie noch enthält, ist die Ernährung der Teilnehmer. Aber selbst wenn die Placebogruppe sich nur von Donuts ernährt hat und die anderen Gruppen ihren Proteinbedarf maximal gedeckt haben: Diese Gewohnheiten sind ja auch vorher schon vorhanden und die Unterschiede entsprechend weiterhin hoch aussagekräftig.
Für alle, denen diese Aussage reicht, sei also schonmal gesagt: Das Zeug wirkt scheinbar – zumindest bei nicht austrainierten Sportlern. Ist übrigens nichts Wildes, völlig legal und bei Amazon erhältlich*. Aber wie wirkt es?
Mehr Testosteron durch Spinat?
Es erhöht nicht den Testosteron Spiegel. Nicht das LH (luteinisierendes Hormon, ein anderes Sexualhormon). Aber: IGF1 (Insulin-like growth factor 1) – einer von vielen endokrinen Wachstumsfaktoren, auch für die Muskulatur – im richtigen Kontext und in der richtigen Menge. Ob die Effekte also auf die erhöhten IGF1-Werte zurückzuführen sind oder ein ganz anderer Mechanismus dahinter steckt, wissen wir noch nicht – nur, dass es scheinbar irgendwie funktioniert.
Ob ich das glaube? Würde ich gerne. Und deswegen habe ich es mir auch direkt bestellt – und zwei Freunde mit ebenfalls 5-10 Jahren Trainingserfahrung an der Langhantel ebenfalls. Und Strength-First-Chris testet es auch gerade. Spezielle Nahrungsergänzungsmittel sind zwar nicht mein Fokus, aber wenn es im Bereich Kraft, Ernährung und Gesundheit was Neues gibt, bin ich immer ganz vorne dabei.
EDIT 2021: Wir haben es mehrfach getestet. Ergebnis? Keine spürbaren Effekte. Schade.
Auch Stand 2023: Keine positiven Berichte in meinem Umfeld.
Beste Grüße
Vincent Braukämper
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QUELLEN:
Isenmann, E., Ambrosio, G., Joseph, J. F., Mazzarino, M., de la Torre, X., Zimmer, P., … Parr, M. K. (2019). Ecdysteroids as non-conventional anabolic agent: performance enhancement by ecdysterone supplementation in humans. Archives of Toxicology, 93(7), 1807–1816. doi:10.1007/s00204-019-02490-x
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