Was sagt der Nutriscore aus?

Endlich ist es soweit. Top ausgebildete Experten helfen dem ahnungslosen Bürger, sich im Ernährungsdschungel zurecht zu finden. Die ultimative Lösung: Der Nutri Score. Der Anschein: Man braucht nicht mehr nachzudenken oder gar das Etikett zu lesen, sondern kann einfach nach einer schönen, bunten Ampel gesund einkaufen und essen. Der Erfolg von Ampeln ist ja bekanntlich unbestritten, also haben wir sie endlich? Die Lösung für gesundheitsbewusste Menschen, die nicht super tief im Thema sind?

Wenn ich in den letzten Jahren eine Erfahrung machen durfte, dann, dass mein Humor oft nicht als solcher identifiziert wird. Deswegen weise ich dezent darauf hin, dass der vorige Abschnitt zu 100% ironisch war.

Der Anspruch dieses Artikels ist es, sich fair und nachvollziehbar mit dem Nutriscore zu beschäftigen, damit Du einen Überblick darüber hast und weißt, was dahinter steckt. Denn: Deine Gesundheit ist nach wie vor Deine eigene Verantwortung.

Wie setzt sich der Nutriscore zusammen?

Dabei spielen verschiedene Dinge eine Rolle – und diese erste Grafik ist nur der Anfang:

Wie setzt sich der Nutriscore zusammen?
Quelle: Verbraucherzentrale Sachsen.

Hier siehst Du, welche Faktoren den Nutriscore grundsätzlich positiv oder negativ beeinflussen.
Sieht auf den ersten Blick ganz gut aus, oder?

Aber auch nur auf den allerersten. Was wir hier sehen, ist die Manifestierung  veralteter und längst widerlegter Ernährungsmythen – geschickt getarnt. Natürlich liegt es auf der Hand, dass naturbelasse Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse, Nüsse und die genannten Öle gesund sind. Dafür bräuchte kein Mensch den Nutriscore.

Spannend wird es dann schon bei den Negativfaktoren. Natürlich haben viele Menschen ein Kalorienproblem. Deswegen kann man Abzüge für einen hohen Kaloriengehalt in der Theorie noch rechtfertigen. Hier entsteht aber schon die erste große Lücke zwischen Gesundheit und dem vergebenen Score. Denn wenn ein Hersteller auf hochwertige Fette setzt, wird der Kaloriengehalt zwangsläufig steigen.

Punktabzüge

Wirklich aufmerksam sollte man allerdings werden, wenn gesättigte Fettsäuren zu Punktabzügen führen. Hier trifft das Halbwissen der DGE, des BMEL und der Verbraucherzentrale wieder mit voller Wucht: „Gesättigte und natürlich tierische Fette sind böse und machen krank, fokussiere die ungesättigten und pflanzlichen Fette“ (so die Message). Und das im Jahr 2023. Ich werde die Mythen zu Fetten an dieser Stelle nicht noch einmal aufrollen, es sei aber gesagt: Die ungesündesten Fette, die in unserer Nahrung vorkommen, sind gehärtete Pflanzenfette.

Ungesättigt. Pflanzlich. Sogenannte Transfette – die, abgesehen von den Kalorien, trotz ihrer zerstörerischen Wirkung, nicht zu Abzügen beim Nutriscore führen. Es ist seit langem bekannt, dass es insbesondere diese Transfettsäuren sind, die das Risiko für Herzkreislauferkrankungen massiv erhöhen und nicht die gesättigten Fette. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Kokosöl (gesättigt) hat einen sehr positiven Einfluss aufs Herz-Kreislauf-System und auch bei tierischen Fetten gibt es da grundsätzlich keine negativen Effekte. In Intelligent Essen habe ich all dies ausführlicher erläutert und mit Studien belegt, doch hier soll es darum gehen:

Offensichtlich ist der Nutri Sscore nicht seriös und zeitgemäß. Und damit sind wir gerade erst am Anfang, denn…

Wirklich spannend wird der Score ja erst bei verarbeiteten Lebensmitteln.

Wenn das Kokosöl einen Score von D oder E hat und „Bio Nesquik Cereals“ ein A, sollten eigentlich selbst beim Letzten die Alarmglocken schrillen. Tun sie aber offensichtlich nicht.

Deswegen: Wie kommt es zu diesen Scores, obwohl z. B. beim genannten Produkt die erstgenannten (und somit häufigsten) Zutaten Weizenmehl, Zucker, Maisgrieß, Glukosesirup sind?

Gesund einkaufen nach dem Nutriscore

Der Geniestreich ist folgender:

„Der Nutri-Score ermöglicht es Verbraucherinnen und Verbrauchern, innerhalb der gleichen Produktgruppe die ernährungsphysiologisch günstigere Wahl zu treffen und bietet so eine sinnvolle Orientierung bei der Lebensmittelauswahl.“ – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Wow. Sprachlos. Du noch nicht?
Ok, dann lass uns gemeinsam schauen, was das bedeutet.

  1. Beispiel: Cornflakes.
    Es werden die Nährstoffe und Zutaten aller Cornflakes Sorten erfasst und anhand der Maßstäbe aus der obigen Grafik verglichen. Die Cornflakes mit dem wenigsten Zucker, gesättigten Fetten, Salz und Kalorien und mit dem meisten Protein bekommen ein Nutriscore A.
    Hört sich immer noch gut an?
    Ok, wir gehen weiter rein.
    Fügt also ein Hersteller Zuckerersatzstoffe (Maißgrieß, Glukosesirup, …) hinzu, beeinflusst das den Nutriscore bereits positiv, obwohl das Produkt kein bisschen gesünder ist. Wirklich wild wird es aber beim Thema Protein: Es reicht, etwas Gluten – nie gesundheitsförderlich und sehr häufig entzündungsfördernd – hinzuzufügen, um sogar noch Pluspunkte zu bekommen.
    Wir verdeutlichen das jetzt am…
  2. Beispiel: Kuchen.
    In diesem fiktiven Beispiel haben wir einen
    Kuchen A, Hauptzutaten: Mehl, Palmfett, Eiklar, Glukose-Fruktose-Sirup, Gluten.
    Kuchen B, Hauptzutaten: Mehl, Eier, Zucker, Milch, Butter, Kokosöl.
    Kuchen A wird auch ein Nutriscore A bekommen, Kuchen B wahrscheinlich ein Nutriscore E.
    Dabei sind in Kuchen A deutlich weniger Nährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe aus dem Vollei) und mehr Antinutriente (Transfette, Gluten) enthalten.
  3. Beispiel: Schokoriegel.
    Der Schokoriegel mit etwas weniger Kalorien oder Salz bekommt ein Nutriscore A, selbst wenn er auf Transfett-Basis ist.

Zusammengefasst bedeutet das für den Nutriscore

  1. Ein guter Nutriscore (A oder B) sagt nichts darüber aus, ob ein Nahrungsmittel gesund ist oder nicht.
  2. Ein schlechter Nutriscore (D oder E) sagt nichts darüber aus, ob ein Nahrungsmittel ungesund ist.
  3. Du kannst Dich zu 100% von Nutriscore A Produkten ernähren und trotzdem zu 100% ungesund leben.

Krasse Beispiele und…

Nutriscore A Produkte: Sams Weizentost, Nequik Bio Cornflakes.
Nutriscore B: Coca Cola.
Nurtriscore D: Natives Olivenöl.
Nutriscore E: Natives, kalt gepresstes Kokosöl.

…der entscheidene Praxistipp:

Sei Dir bitte bewusst: Der Nutriscore ist ein Tool, das von einschlägigen Interessenvertretern entwickelt wurde.
Deren Interesse nicht Deine Gesundheit ist. Sondern eher, dass der Nestle Hase sich freut.

Auch wenn es zur heutigen Zeit woke ist: Lass Dir das Denken nicht abnehmen von einer unseriösen Ampel wie dem Nutriscore.
Ernährung und Gesundheit ist und bleibt Eigenverantwortung.

Es ist eine Grundfähigkeit, Verpackungen lesen zu können und zu verstehen, was die Angaben bedeuten. Eine einfach und schnell erlernbare. In Intelligent Essen bekommst Du einen Guide dazu und auch schon eine Einkaufsliste mit wirklich gesunden Nahrungsmitteln.

Ernährung ist mehr als Makronährstoffe, Kalorien und ein paar willkürlich ausgewählte Zahlen.
Gesunde Ernährung ist einfach.
Der Zugang ist logisch und Deine Intuition tut schnell den Rest.

Meistere dieses Thema und Du meisterst Deine Gesundheit.
Du kannst das und Du schaffst das.

Herzliche Grüße
Dein Vincent

Strength und Performance Coach in Bochum

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